„Willkommen, Bienvenu, Welcome“

„Cabaret“ im Düsseldorfer Schauspiel überzeugt nicht ganz

von Andreas Rehnolt

Valentin Stückl, Jill-Marie Hackländer, Lara Hofmann, Jacob Zacharias Eckstein, Lou Strenger, Bridget Petzold, Malin Tusche, Miro Mitrovic, Gesa Schermuly
und Kit-Kat-Klub-Band - Foto © Thomas Rabsch


„Willkommen, Bienvenu, Welcome“

Im Düsseldorfer Schauspielhaus hatte das Musical „Cabaret“
eine nicht ganz überzeugende Premiere

Rund 700 Zuschauer haben am vergangenen Freitagabend im Düsseldorfer Schauspielhaus die Premiere des Musicals „Cabaret“ erlebt. Nach Liza Minelli in der Verfilmung des Musicals 1971 und nach Ute Lemper, die 1986 in einer genialen Inszenierung im Theater am Gustaf-Gründgens-Platz in der Rolle der Nachtclubsängerin Sally Bowles international den Durchbruch als Sängerin und Tänzerin schaffte, tritt in Neuinszenierung Lou Strenger an, den großen Vorbildern nachzueifern. Allerdings bleibt sie in weiten Teilen des knapp dreistündigen Bühnenspektakels im Schatten des grell-schrillen Conferenciers André Kaczmarczyk.


Der Schauspieler gilt an der Bühne in der NRW-Landeshauptstadt quasi als „Allzweckwaffe“ und hat neben der männlichen Hauptfigur zudem auch noch die Rolle des Regisseurs übernommen. Er taucht nicht nur als Sänger auf, sondern - ein bißchen zu häufig - auch in fast jeder Szene als Beobachter des Geschehens. Sicherlich die beste Szene kommt gleich zu Beginn. Da zeigt sich die gewaltige Menge an Musikern, Tänzerinnen und Tänzern sowie die eingesetzten Schauspielerinnen und Schauspieler, grell, schrill und passend vulgär. Und der Auftaktsong „Willkommen, Bienvenu, Welcome“ schafft es mühelos, das Premierenpublikum in seinen Bann zu ziehen.


André Kaczmarczyk, Jacob Zacharias Eckstein - Foto © Thomas Rabsch

Schade, daß das nicht den ganzen Abend gelingt. Die Riege der Tänzerinnen und Tänzer in dem berühmt-berüchtigten Nightclub ist zu bieder gekleidet und zeigt deutlich zu wenig Haut. Der androgyne Conferencier dagegen schlüpft quasi ständig in aufwendig gestylte, divenhafte Garderobe. Möglicherweise hatten die Kostümbildnerinnen des Theaters da nicht mehr genug Geld oder Zeit, um auch „das Fußvolk“ passend einzukleiden. Überhaupt die Bühne in diesem dunkel-düsteren Kit-Kat-Club. Es gibt vermutlich kein Variete oder keine Nachtbar, die ihre Akteure so im Finsteren auf die Bühne läßt. Oder sollte das der Beitrag des Theaters zur geforderten Energieeinsparung sein?


Manchmal taucht ein Bezug zur Gegenwart auf. Wenn etwa der Conferencier immer und immer wieder dem Publikum entgegenruft: „Ladies and Gentleman - und alle, die sich dazwischen befinden“. Erzählt wird vor dem Hintergrund des wachsenden Nationalsozialismus die Geschichte von Sally Bowles sowie ihrer Suche nach Karriere und Glück sowie ihrem Scheitern. Die Tänzerin lernt den bislang erfolglosen Schriftsteller Clifford Bradshaw (Belendjwa Peter) kennen, der im Jahr 1929 in das extrem freizügige Berlin kommt. Wieso sie sich in der kleinen Pension von Fräulein Schneider (großartig: Rosa Enskat) in den leider recht blassen Bradshaw (Belendjwa Peter) verliebt, wird nicht deutlich.


Gesa Enskat - Foto © Thomas Rabsch

Der Schriftsteller lernt neben der Tänzerin auch den aufkeimenden Nationalsozialismus am eigenen Leib kennen und verläßt die Stadt kurz vor der Machtergreifung der Nazis - ohne Sally, die nach einer Abtreibung zurück in den Kit-Kat-Club eilt. Die Nebenfiguren - der jüdische Gemüsehändler Schultz (Thomas Wittmann), Claudia Hübbecker als Prostituierte Fräulein Kost sowie der Nazi-Scherge Ernst Ludwig (Raphael Gehrmann) sind allesamt gut und überzeugend in ihrem Spiel.


Und viele der Songs wie „Maybe this time“ oder „Mein Herr“ gehen unter die Haut. So wundert es nicht, daß am Premierenabend die Zuschauer - trotz einiger Schwächen der Inszenierung - langanhaltenden, stehenden Applaus spendeten. Zuvor allerdings schlug ein gewalttätiger Nazi-Trupp die von den Club-Akteuren auf der Bühne geforderte Freiheit und sexuelle Freizügigkeit in Stücke. Das Musical stammt von Joe Masteroff, John Kander und Fred Ebb nach den „Berlin Stories“ von Christopher Isherwood, der 1929 von London nach Berlin kam und vier Jahre blieb.


Foto © Thomas Rabsch

Weitere Informationen: www.dhaus.de